Liebe Nichi,
bei uns beiden ist vergangenes Wochenende irgendwas schief gelaufen. So richtig schief. Ich überlege seit Sonntag, was es genau war, was mich auch jetzt Tage später noch so beschäftigt. Dabei startete doch eigentlich alles wie immer... Aber Das Problem kennst du ja sicher: Es ist das Letzte Erlebnis einer solchen Veranstaltung, das hängenbleibt. Und unser Abschied war dieses Jahr leider alles andere als zufriedenstellend.
Aber mal von vorne. Als ich am Freitag anreiste, war noch alles in Butter. Zwar hatte das Programm dieses Jahr nur in Teilen meinen Geschmack treffen können, aber dafür kannst du, liebe Nichi, ja nun wirklich nichts. Bei 25 000 Leuten kann nicht jeder gleich glücklich sein. Und auch für den Stau auf der Autobahn und das unfertige Hotelzimmer kannst du nichts. Deswegen starteten wir beide etwas später als gewohnt unser gemeinsames Erlebnis am Freitagnachmittag. Schön hattest du dich wieder herausgeputzt, hattest einiges an Räumen umgestellt und hattest dich bemüht, noch mehr Menschen mit dem BnB und dem Matsuri glücklich zu machen. Die Ideen bleiben auch weiterhin schön, stoßen bei den Besuchermassen aber immer mehr an ihre Grenzen. Die Essensstände beim Matsuri kamen ja kaum hinterher mit ihrem Essen, da wartete man mal ganz gerne eine halbe Stunde. Aber selbst das kann man verzeihen, war es doch zum vergangenen Jahr schon eine echte Verbesserung. Und dann das kleine Feuerwerk? Klein, aber fein schoss sich Rakete um Rakete in den Nachthimmel.
Doch schon am ersten Tag hatten wir auch schon unsere Unstimmigkeiten. Aller Anfang sei schwer und so konnte ich dir am Freitag auch irgendwie noch verzeihen, dass du dich nicht an deine eigenen Regeln gehalten hattest, was die Signierstunden betraf. Bereits im Vorfeld hattest du angekündigt, dass es neue Sicherheitsbestimmung geben würde. Dass man sich bitte erst 30 Minuten vor einer Signierstunde für selbige anstellen solle, sich vorher bildende Schlangen würden aufgelöst werden. Und darauf habe ich vertraut, liebe Nichi. Stattdessen standen schon dutzenderweise Leute für Yamaga und Sadamoto an, als ich ich pünktlich anstellen wollte. So gingen wir am Freitag leer aus, was ein Autogramm betraf. Nicht schlimm, gab es ja noch zwei weitere Gelegenheiten. Aber geärgert hat es uns schon, dass es niemanden zu interessieren schien. Die zuständige Helferin war sichtlich bemüht, uns die ganze Zeit informiert zu halten und so vielen Leuten wie möglich eine Chance zu geben – leider vergebens, die Zeit reichte einfach nicht aus für die ganzen Leute.
Bei Boichi funktionierte das Ganze dann etwas besser, auch wenn es hier zum Schluss ums Bangen ging, ob man noch drankam. Aber der halbe Tag war damit schon mit Warten vertan gewesen.
Wir feierten dann später noch ein wenig in der Weinkirche. So bis Viertel vor drei, dann wollten wir doch wieder zurück ins Bett. Ganz tolle Location übrigens, liebe Nichi! Gerne wieder, zumal das Personal hier auch wahnsinnig flott drauf war! Da bezahl ich dann auch gerne mal 5 Euro Eintritt.
Nach einer relativ kurzen Nacht hatten wir uns an Tag zwei das Showprogramm vorgenommen. Signierstunden gibt es schließlich auch noch am Sonntag und Samstag ist erfahrungsgemäß auch viel mehr los. Uns fiel nur den ganzen Tag über auf, dass die Security am Eingang nicht gerade kommunikativ war. Mir hätte ein Nicken ja schon gereicht, stattdessen kamen mir die Damen und Herren manchmal wie Statuen vor, die man aus dem Weg drücken muss, wenn man hineinwollte. Liebe Nichi, ich weiß, dass sind nur Dienstleister und nicht deine Helfer. Und sicherlich ist es auch nicht einfach den ganzen Tag zu lächeln. Aber ein Nicken tut’s auch schon. Im Laufe des Wochenendes lockerte sich das gaaaaaanz langsam auf, aber zwischenzeitlich fühlte man sich am Eingang nicht so willkommen. Die Damen und Herren rund um die Workshopräume waren da schon sehr viel kommunikativer, das Klima war weitaus angenehmer.
Nach Ongaku no Kara war dann Shinji Schneider dran und abrunden wollten wir das ganze mit Endo. Schade, dass sein Konzert nur so kurz war – im Vergleich zu dem, was einem das Prorgrammheft zu versprechen schien. Und schade, dass eure Helferschaft kurzfristig etwas überrumpelt schien, so viele Leute im Raum zu koordinieren. Entweder man macht es gleich finde ich, oder man muss damit leben, dass sich die Leute kreuz und quer setzen. Ich lass mich ungern anblaffen, wenn ich am Rand eines Blockes sitze und auf einmal in irgendeine mittlere Reihe gequetscht werden soll, die drei Reihen vor mir ist. So sehr ich das Prinzip von der Mitte her auffüllen ja verstehe, allein wenn man drei Sitzblöcke hat, muss man hier schon anders agieren. Finde ich. Aber selbst hier habe ich noch gedacht: Ja gut, wer weiß wie viele heute schon wie du dummer Besucher waren und nicht einfach mal getan haben, was die gesagt haben.
Achja, hier bitte noch eine kurze Randnotiz: Auch wenn es ja in Japan mit den Zugaben nicht so üblich sein mag... Es tut doch bestimmt nicht weh, wenn man sowas hier in Deutschland einfach mal mit einplant. Aber das frage ich mich jetzt auch schon seit meiner ersten Nichi...
Aber so ging der Samstag dann zwar nass beim Feuerwerk aber doch sehr entspannt zu Ende.
Nur hatten wir noch nicht mit dem Sonntag gerechnet...
Wir hatten uns wieder für die Signierstunde von Sadamoto und Yamaga angestellt. Diesmal sogar verbotenerweise schon 15 Minuten früher als erlaubt. Nicht, dass das wen interessiert hätte, waren doch schon wieder 25 Leute vor uns. 20 davon haben dann nachher auch ihr Autogramm bekommen – wir nicht. Das haben wir aber erst erfahren, als wir immer noch da standen, als die Signierstunde beendet wurde.
Und jetzt wird es echt interessant liebe Nichi, weil hier ist ganz gewaltig was zwischen uns beiden schiefgelaufen. Oder sagen wir lieber: Zwischen deiner Orga und mir.
Ich habe mit der Helferin gesprochen, die für die Orga unserer Schlange zuständig war. Der ich schon sagte, dass ich es schade fand, dass sich nicht an die Regeln gehalten wurde und derjenige, der es macht, dafür in die Röhre schaut. Mit der ich über Alternativen wie vorheriges Abzählen und Leute in den Raum lassen und dann direkt die Schlange auflösen ganz sachlich reden konnte. Der es leid tat, wie es am Freitag gelaufen war, die es diesmal besser machen wollte. Die uns wieder super informiert hat und mir das Gefühl gab, dass ich als Besucher mit meinen Wünschen auch irgendwo ankomme. Aber nur so lange, bis ich dann mit jemandem sprechen konnte, der dafür verantwortlich ist.
Deine Orga und ich liebe Nichi. Wir kamen nicht so gut klar.
Zumal ich sagen muss: Ich verstehe sie und ihre Beweggründe ja. Sie war auch im Stress, dass sie also sehr rüpelhaft reagierte, dass ich nur ein „Ja, das verstehe ich“ erwiderte war noch irgendwo zu verkraften. Aber liebe Nichi. Ich stand vor ihr und wollte ihr nur erklären, dass es aus meiner Sicht nicht okay ist Regeln aufzustellen und nicht selbst dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden. Dass es echt unbefriedigend ist, wenn andere dafür belohnt werden, weil sie dreister ist als man selbst. Ich will kein Arschlochbesucher sein. Ich will den Helfern nicht noch mehr Arbeit machen, als nötig, auch wenn es manchmal passieren mag. Ich wollte ganz konstruktiv sein und einfach nur sagen, dass ich mich als Besucher gerade nicht wohlfühle. Und ich verstehe ja, dass es sowas wie Helfermangel gibt. Ich verstehe auch, dass ihr das alle ehrenamtlich macht und euch Wochen, Monate eurer Freizeit um die Ohren schlagt. Glaubt mir. Ich verstehe das besser, als ihr glauben mögt. Ihr habt meinen größten Respekt dafür. Aber das als Argument zu bringen, warum aufgestellte Regeln nicht eingehalten werden?
Ich verstehe auch, dass ihr Fluchtwege freihalten müsst. Dass euch da andere Instanzen im Nacken hängen. Dass ihr euch was überlegen musstet. Das habe ich deiner Orga auch erklärt, liebe Nichi. Dass ich den neuen Anstellbereich mit seinen Absperrungen super finde. Dass das eine wunderbare Verbesserung zu den vorherigen Jahren ist.
Aber liebe Nichi... Was ich nicht hören wollte, zumal auf das Ergebnis des Tages bezogen: „Ja, jetzt sind das 20-30 Leute, die da früher anstehen. Die kriegt man gehändelt.“
Ja... liebe Nichi. Es waren leider genau die 20, die das Autogramm bekamen, während wir einfach eineinhalb Stunden später gesagt bekamen: So, sorry Leute, ihr kommt nicht mehr dran. Und das zu etwa 50 Leute, die alle noch anstanden, bei denen das auch schon hätte früher klar sein können.
Ich hoffe einfach liebe Nichi, dass du nächstes Jahr deine Regeln noch besser organisierst – oder zumindest einen Plan B parat hast, wenn wieder zu wenig Helfer zur Verfügung stehen.
Mein Vorschlag. Lass die Leute anstehen, wann sie Lust haben. Stellt Anstellbereich wie auch dieses Jahr zur Verfügung, vielleicht noch etwas weiter ausgearbeitet mit noch mehr Kurven drin und das würde schon reichen, um Fluchtwege freizuhalten. Dann sitzen sie halt schon 2 Stunden eher da... Kriegt man doch dann gut gehändelt, oder nicht?
So, ich glaube zum Schluss hin ist es doch leicht zynischer geworden, als ich wollte. Deshalb einfach nochmal in aller Deutlichkeit: Ihr macht das alle ehrenamtlich, Veranstaltungen sind nicht euer Tagesgeschäft und ihr kriegt keinen müden Cent dafür, dass ihr das alles macht. Ihr habt meinen Respekt, ich kenne das Spiel. Und ich weiß auch sehr genau, dass es scheiße ist, wenn ein Besucher einen für die eigenen Sachen kritisiert. Nichtsdestotrotz. Dreht euch nach einer Beschwerde um, geht ins nächste Zimmer, in das kein Besucher kommt und kotzt euch beim ersten aus, der euch über den Weg läuft. Über den dämlichen Besucher, der sich schon wieder beschwert hat und das alles gar nicht zu schätzen weiß. Aber bitte, bitte, bitte, erklärt doch einem Besucher nicht, dass alles bestens läuft, wenn er sich bei euch beschwert!? Wahrscheinlich wäre das ganze für mich auch echt nur halb so schlimm gewesen und abgehakt, wenn ich am Sonntag mein Autogramm noch bekommen könnte. Aber da war direkt wieder der nächste Knackpunkt: Obwohl es hieß, dass Yamaga diesmal nicht zeichnen solle, haben sich einige Besucher wohl darüber hinweggesetzt und ihm doch wieder Vorlagen hingelegt. Gemacht hat dagegen wohl keiner war. Wenn Dreistigkeit gewinnt und das die Lehre der Connichi an ihre Besucher ist, dann muss ich wohl mein Verhalten im nächsten Jahr drastisch anpassen. Aber eigentlich will ich das nicht, sondern nur ganz konstruktiv eine ziemlich emotional aufgeladene Beschwerde abliefern, mit dem Vorschlag das ganze nächste Jahr nicht so viel von Kontrollen abhängig zu machen, sondern den Besuchern einfach „sichere“ Möglichkeiten zu geben, sich anzustellen.
Und an der Kommunikation mit der Orga habe ich echt noch zu knabbern. Das war einfach entgegen jeglicher Prinzipien, die ich mal irgendwo gelernt habe. Ich fühlte mich nachher echt in die Position getrieben, jetzt Mitleid haben zu müssen, weil zu wenig Helfer da waren, die Feuerwehr böse war und ja nun alle am Wochenende freiwillig arbeiten würden. Ja, ja, und ja. Aber ich habe nun einmal verdammt noch eins Geld für dieses Wochenende bezahlt. Und ganz ehrlich, wer mich kennt, der weiß, dass ich da nicht hingegangen bin: „Ey, ist alles voll scheiße hier, mach mal anders.“
Nun gut. Nächstes Jahr kriegt die Nichi nochmal einen Chance von mir. Mal schauen, wie es bis dahin dann wird.